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Gedanken über Innovation, Qualität und Resilienz

Warum Sie keinen Innovationsmanager brauchen

Drei Personen diskutieren über einen Laptop gebeugt.
Foto des Icons8 Team auf Unsplash

Es klingt zunächst nach einer vernünftigen Strategie, eine Stelle zu schaffen, die Verantwortung für Innovation im Unternehmen hat. Doch nicht immer ist das die richtige Entscheidung. Lesen Sie in diesem Artikel, warum ein*e Innovationsmanager*in unter Umständen keinen Unterschied macht oder sogar schaden kann.

Innovation ist Trend

Es gehört zum Trend der letzten Jahre, innovativ zu sein. Wenn alle Wettbewerber groß verkünden, innovativ zu sein, kann man ja schlecht davor die Augen verschließen. Also muss jemand her, der oder die sich darum kümmert, denn man selbst hat ja gar nicht die Zeit, sich um so was auch noch einen Kopf zu machen. Es wird eine Stelle geschaffen, die einen wohlklingenden Titel bekommt wie Innovationsmanager, Chief Innovation Officer oder Vizepräsidentin für Innovation. Die Stelle wird mit einem ordentlichen Budget ausgestattet und direkt der Geschäftsführung unterstellt. Damit wird die hohe Bedeutung des Themas Innovation betont. Alles richtig gemacht, oder? Wundern Sie sich nicht, wenn in so einer Konstellation die Innovationen ausbleiben.

Was macht ein*e Innovationsmanager*in?

An Innovationsmanager*innen gibt es je nach Unternehmenskultur ganz unterschiedliche Anforderungen. Üblicherweise wird das Aufgabengebiet als Schnittstelle zwischen Entwicklung und Marketing beschrieben. Innovationsmanager*innen soll die Entscheidungsfindung über Innovationsvorhaben vorbereiten, Innovationen im Unternehmen voranbringen, für innovationsförderliche Unternehmenskultur sorgen und die Wissensströme im Unternehmen beherrschen (Quelle). Dazu braucht es technischen Hintergrund, um die Innovationsideen überhaupt verstehen und bewerten zu können, soziale und Projektmanagement-Skills um zwischen widersprüchlichen Interessen vermitteln zu können und Innovationsprojekte in der Erfolgsspur zu halten sowie Marktkenntnis, Gespür für Trends und Nähe zu den Kund*innen, um die Vermarktungschancen der Innovationen zu beurteilen.

„Der Innovationsmanager entwickelt Bedürfnisperspektiven, die den Findungsprozess neuer Innovationen erleichtern.“ wird Knut Blind, Professor für Innovationsökonomie, von der ZEIT zitiert. Er oder sie sucht also auf der einen Seite die Lücken im Angebot, die durch Innovationen geschlossen werden können. Auf der anderen Seite sucht sie oder er nach Ideen, das Angebot zu verbessern und diese Lücken zu schließen.

Je nach Konstellation im Unternehmen können also ganz unterschiedliche Aufgaben auf Innovationsmanager*innen zukommen:

  • Ideenfindung und Ideenentwicklung
  • Entwicklung von Innovationsstrategien
  • Schutzrechtsrecherche und Schutzrechtemanagement
  • Marktforschung und Vermarktung
  • Qualitätsmanagement, Prozessoptimierung
  • Projektmanagement, Projektsteuerung
  • Fördermittelsuche, Fördermittelakquise

Das Aufgabengebiet ist also vielschichtig und es wird sehr auf die konkrete Unternehmenssituation ankommen, was für eine Rolle der oder die Innovationsmanager*in spielt. Überwiegend wird aber die Rolle als Innovations-Ermöglicher*in gesehen, zu dessen oder deren Aufgaben es zählt, Ideen zu sammeln oder zu generieren und deren Umsetzung und Vermarktung zu unterstützen. Ob das funktioniert und vor allem, ob das Unternehmen davon profitiert, hängt von den Verantwortlichen ab: Vom Innovationsmanager bzw. der Innovationsmanagerin und deren Vorgesetzten.

Das Dilemma der Innovationsmanager*innen

Jeffrey Baumgartner hat in einem Beitrag seines eJournals Report 103 das Dilemma der Innovationsmanager*innen beschrieben. Eine Innovationsmanagerin (in seinem Beispiel), die sich ernsthaft und engagiert für wirklich kreative, bahnbrechende Innovationen einsetzt, wird schon bald etlichen Kolleg*innen auf die Füße treten. Mitarbeitenden, die ihre Arbeitsweise radikal ändern müssen; Kolleg*innen, deren Job durch die Innovation überflüssig wird; Vorgesetzten, die Geld in riskante Ideen investieren sollen, von denen nur jede siebte Erfolg hat. Sie ist immer der Stachel im Fleisch des Unternehmens und stört den schön eingefahrenen Ablauf des „Das haben wir doch schon immer so gemacht.“

Als Folge wird sie entweder bald durch eine weniger ambitionierte und damit weniger anstrengende Person ersetzt oder sucht sich frustriert selbst einen anderen Job. Zum Unternehmenserfolg kann sie in diesem Umfeld nichts beitragen. Oder sie passt sich an und arbeitet fortan nur noch an inkrementellen Verbesserungen, die niemandem weh tun, aber das Unternehmen auch nicht voran bringen. Sie sammelt viele Ideen, um Innovationsaktivität zu demonstrieren und unterstützt nur noch solche Ideen, die nicht zu riskant sind. Auch in diesem Szenario bleibt der Erfolg der Innovationsaktivitäten wahrscheinlich aus.

Die Position Innovationsmanager*in hat in dieser Konstellation nur eine Daseinsberechtigung: Nach außen zu demonstrieren, dass Innovation einen hohen Stellenwert besitzt. Da Innovationsmanager*innen in so einem Unternehmen nichts erreichen können, schadet diese Funktion eher, denn die Geschäftsführung kann alle Verantwortung für Innovation abschieben. Damit liegt die Zukunft des Unternehmens in Händen, die gebunden sind.

Das Paradies für Innovation

Was die Möglichkeiten der Einflussnahme durch die oder den Innovationsmanager*in beschränkt, ist hier die fehlende Rückendeckung der Führungsetage und die fehlende Akzeptanz der Mitarbeitenden. Stellen Sie sich ein anderes Unternehmen vor, in dem Innovation den Kern der Unternehmenskultur darstellt. Die Mitarbeitenden werden ermutigt, Ideen einzubringen, das Unternehmen hat eine klare Zukunftsvision sowie eine Strategie, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen und die Geschäftsführung stellt auch Mittel für riskante Entwicklungsprojekte zur Verfügung. Mitarbeitende, die ihre Ideen und ihre Kreativität zum Nutzen der Firma einbringen, werden gefördert und belohnt. Für gescheiterte Projekte muss niemand auf eine Beförderung verzichten, es wird stattdessen sachlich ausgewertet, worin die Gründe für das Scheitern lagen, damit man es in Zukunft besser machen kann. In so einem Umfeld könnte ein*e Innovationsmanager*in sicher viel besser arbeiten, oder?

In diesem Umfeld ist ein*e Innovationsmanager*in meiner Meinung nach überflüssig. Die Geschäftsführung hat die Wichtigkeit stetiger Veränderung erkannt, Ideen brauchen also keine Anwält*innen, die sie gegenüber der Geschäftsführung verteidigen. Die Strategie des Unternehmens ist klar und wird offen kommuniziert, so dass von vornherein Ideen gefördert werden können, die zum Erreichen der Unternehmensziele beitragen. Projektverantwortung stellt ein Instrument der Förderung innovativer Mitarbeitender dar. Ideen kommen von Mitarbeitenden oder gar von Kund*innen. Was bleibt da für Innovationsmanager*innen zu tun?

Extreme und Realität

Wer die Stelle für eine*n Innovationsmanager*in schafft und die Verantwortung für Innovation auf diese Person überträgt, muss sich im Klaren sein, dass man damit die Verantwortung für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens aus der Hand gibt. Bekommt diese*r Innovationsmanager*in dann nicht genug Rückendeckung, bremst das die Unternehmensentwicklung gleich ganz aus. Wer Innovation in der Unternehmens-DNA verankert hat, der braucht Innovationsmanager*innen nicht mehr.

Die meisten Unternehmen in der Realität werden irgendwo dazwischen liegen. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen gilt: Statt eine*n Innovationsmanager*in zu beschäftigen sollte Innovation lieber zur Chef*innensache gemacht werden. Die Geschäftsführung sollte das Unternehmen nicht nur verwalten, sondern selbst aktiv auf zukünftige Märkte, zukünftige Kunden und zukünftige Produkte ausrichten, indem eine Kultur für Innovation geschaffen wird und durch eine gemeinsame Vision der Kurs vorgegeben wird. Nur so wird das Überleben dauerhaft gesichert.

Wann Sie wirklich eine*n Innovationsmanager*in brauchen

In Ihrem Unternehmen laufen bereits mehrere Innovationsaktivitäten, allerdings unkoordiniert, wenig zielgerichtet oder ohne Bezug zur Unternehmensstrategie? In Ihrem Großunternehmen sind viele Abteilungen mit Innovationsaktivitäten beschäftigt und es fällt schwer, alle gleichermaßen im Blick zu haben? Das sind Fälle, in denen Innovationsmanager*innen sinnvoll eingesetzt werden können. Übertragen Sie ihnen nicht die Verantwortung für Innovation im Allgemeinen, sondern für die Umsetzung konkreter Innovationsvorhaben oder das Erreichen konkreter Entwicklungsziele. Und vor allem: Geben Sie ihnen den nötigen Freiraum und Rückendeckung, sonst schaden Innovationsmanager*innen Ihrem Unternehmen mehr, als sie nutzen.