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In der letzten Folge der Stolperstein-Serie ging es um gute Ideen, die allen auch gut gefallen. Heute liegt der Schwerpunkt auf Ideen, die zwar gut klingen, es in Wirklichkeit aber nicht sind. Naturgemäß sind diese nicht ganz einfach zu erkennen. Es gibt aber Merkmale und Warnzeichen, die Sie davor schützen können, Zeit und Geld in ein Projekt zu stecken, was von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Plausibel ist wahrscheinlich schlecht

Eine Idee, die einleuchtend und gut klingt, ist eine große Versuchung. Doch wie ich schon im letzten Teil der Serie schrieb, ist bei gut klingenden Ideen generell Vorsicht geboten. Am schönsten hat es aus meiner Sicht Paul Graham ausgedrückt (in Bezug auf Startups, aber das gilt genauso für andere Ideen):

„The set of plausible sounding startup ideas is many times larger than the set of good ones, and many of the good ones don’t even sound that plausible. So if all you know about a startup idea is that it sounds plausible, you have to assume it’s bad.“ (Paul Graham)

Übersetzt:

„Die Menge der plausibel klingenden Startup-Ideen ist um ein vielfaches größer als die Menge der guten, und dabei klingen viele der guten Ideen noch nicht mal besonders plausibel. Wenn man also über eine Gründungsidee nur weiß, dass sie plausibel klingt, muss man annehmen, dass sie schlecht ist.“ (Paul Graham)

Das klingt ziemlich rigoros. Beim Mitgründer des Startup-Inkubators Y Combinator, der schon über 800 Startups unterstützt hat, kann man sicher davon ausgehen, dass sich diese rigorose Einschätzung auf entsprechende Erfahrungen stützt. Aber warum dieses Misstrauen gegenüber gut klingenden Ideen?

„Nett“ ist die kleine Schwester von „mir egal“

„Gut klingen“ bedeutet, dass Ihre Freunde, Ihre Kollegen, Ihre Vorgesetzten und andere, die sie fragen, positiv auf Ihre Idee regaieren und zum Beispiel sagen: „Das kann ich mir gut vorstellen“ oder „Das ist doch mal eine gute Idee, wahrscheinlich würde ich das auch benutzen.“ Ermutigende Reaktionen, oder?

Ja, ermutigend, aber irreführend! Überlegen Sie doch mal selbst, von wie vielen neuen Angeboten Sie schon gehört haben und gedacht haben: „Kann mir gut vorstellen, dass auch mal auszuprobieren.“ Wie oft ist es tatsächlich dazu gekommen, dass Sie so ein Angebot genutzt haben und – wichtiger noch – dass Sie ein treuer Kunde geworden sind? Mindestens genau so häufig werden Sie wohl schon gedacht haben: „Für mich ist das nichts, zumindest nicht jetzt, aber es gibt sicher Leute, die das nutzen wollen.“ Versetzen Sie sich jetzt in die Lage des Erfinders, der aufgrund der ermutigenden Rückmeldungen in aufwändiger Entwicklungsarbeit so ein gut klingendes Projekt verwirklicht hat. Es finden immer noch alle gut, aber wirklich benutzen wird es kaum einer.

Der Grund dafür ist, dass die gut klingende Idee kein Problem löst, was für hinreichend viele Menschen so gravierend ist, dass sie bereit sind, Geld in die Lösung des Problems zu investieren. Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, unter den plausiblen Ideen auch gute zu finden. Aber wenn Sie schon auf der Suche nach Ideen sind, können Sie auch gleich die unplausiblen mit einbeziehen, ohne die Chancen auf eine gute Idee zu verringern. Lassen Sie das Argument „klingt gut“ bzw. „ist plausibel“ einfach außen vor, um nicht in die Versuchung zu geraten, auf eine „nette“ Idee, statt eine gute zu setzen.

Fünf Strategien, um nicht in die „Nett“-Sackgasse zu geraten

Tiefer bohren

Wenn Sie eine Idee haben, die plausibel klingt, dann geben Sie sich nicht mit den netten Reaktionen zufrieden. Spielen Sie mit der Idee, befragen Sie die potentielle Zielgruppe und stochern Sie solange in dem Thema herum, bis Sie ein Problem entdecken, dessen Lösung wirklich gebraucht wird. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob Sie eine breite Nutzerbasis oder eine spezielle Nische ansprechen. Wenn Sie eine Lösung anbieten, zu der die Zielgruppe nicht sagt: „Kann man sich ja mal angucken …“, sondern „Muss ich haben! Sofort!“, dann stehen die Chancen gut, dass Ihre Idee auch profitabel ist.

Umkehren

Versuchen Sie einmal, das Gegenteil Ihrer Idee zu formulieren. Kommt dabei etwas heraus, was offensichtlich hirnrissig ist? Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Ihre Idee nicht gut ist. Wenn das Gegenteil untragbar ist, dann ist Ihre Idee alternativlos. Entweder ist sie so selbstverständlich, dass sie schon weit verbreitet ist oder so irrelevant, dass es sie genau deshalb noch nicht (oder nicht mehr) gibt. In beiden Fällen werden Sie schwerlich Erfolg mit Ihrer Idee haben. Ein Beispiel? Heute ist mir ein Werbespruch aufgefallen: „Qualität durch Leidenschaft.“ Klingt plausibel, aber was wäre das Gegenteil? „Schrott durch Lustlosigkeit“ ist so offensichtlich abwegig, dass man sich wirklich fragen muss, wie sich das Unternehmen mit dem ersteren Werbespruch damit von Wettbewerbern absetzen will. Natürlich sollten Sie trotzdem weder auf Qualität noch auf Leidenschaft verzichten, das nützt Ihnen aber nichts, solange nicht auch die Produkte oder Dienstleistungen, die Sie so leidenschaftlich und hochwertig herstellen, für Kunden attraktiv sind. Niemand kommt wegen der tollen Qualität zu Ihnen, wenn Ihr Angebot nicht überzeugt. Ganz abgesehen davon, dass ich jetzt immer noch nicht weiß, was die Firma mit diesem Werbespruch eigentlich produziert.

Vorverkauf

Bieten Sie Interessenten die Möglichkeit, Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung schon im Voraus zu kaufen und zu bezahlen. Eine in letzter Zeit immer beliebtere Möglichkeit dafür ist Crowdfunding. Es ist leicht – und gilt zudem noch als höflich – einer Idee grundsätzlich zuzustimmen. Geld in die Hand zu nehmen und etwas zu bezahlen, was es noch gar nicht gibt, ist eine viel höhere Hürde. Wer diese Hürde nimmt, hat einen ernsthaften Bedarf an Ihrer Lösung und ist sogar bereit, das Risiko in Kauf zu nehmen, dass Sie mit der Idee scheitern und am Ende wenig Gegenwert für die gezahlte Summe entsteht. Wenn Sie solche Interessenten haben, sind Sie einer profitablen Idee auf der Spur! Zudem haben Sie durch den Vorverkauf Mittel zur Verfügung, um die Idee tatsächlich umzusetzen.

Registrierung und Verpflichtung

Eine schwächere Form des Vorverkaufs ist, Interessenten dazu zu bewegen, aus der Anonymität herauszukommen und sich als Interessenten zu registrieren. Das stellt ebenfalls eine Hürde dar, die die Spreu der allgemein nicht Abgeneigten vom Korn der zukünftigen Kunden trennen kann. Dabei können Sie die Höhe der Hürde sogar noch variieren, um einen Ausgleich zu schaffen zwischen der Verbindlichkeit der Interessebekundung und dem Risiko, dass Sie die Idee nicht wie geplant umsetzen können. Die schwächste Hürde wäre eine Registrierung für einen E-Mail-Newsletter. Steigern lässt sich die Hürde beispielsweise über die Angabe weiterer persönlicher Daten, eine auszufüllende Umfrage, öffentliche Sichtbarkeit der Interessebekundung, eine rückerstattbare Anzahlung, verbindliche Abnahmeverpflichtungen oder gar eine erfolgsunabhängige Beteiligung an der Finanzierung. Letztere Beispiele sind in der Höhe der Hürde mit dem Vorverkauf vergleichbar. Wenn Sie Interessenten haben, die Ihnen Geld in die Hand drücken, ohne das von Ihrem Erfolg abhängig zu machen, ist das ein großer Vertrauensvorschuss und ein sehr guter Indikator dafür, dass Sie mit Ihrer Idee einen Treffer landen können.

Nicht ausdenken

Auch wenn es zunächst vielleicht komisch klingt: Vermeiden Sie es, sich Ideen auszudenken. Was dabei herauskommt, sind oft genau die Ideen, um die es hier geht: die netten, plausiblen, von denen Sie erwarten, dass Sie Ihrem Umfeld gefallen würden. Suchen Sie stattessen in Ihrem Altag und in Ihrem Umfeld nach konkreten Problemen. Wenn Sie eine Idee haben, die eines dieser Probleme beseitigen würde und es noch andere Leute gibt, die das selbe Problem haben, sind Sie auf dem richtigen Weg. Wenn Sie sich unbedingt eine Idee ausdenken wollen, verwenden Sie wenigstens Anticonventional Thinking, um den netten, aber in die Sackgasse führenden konventionellen Ideen aus dem Weg zu gehen.

Haben Sie schon Erfahrung mit netten, aber nicht profitablen Ideen gesammelt? Haben Sie eigene Strategien, um ein ernsthaftes Interesse für Ihre Idee zu validieren? Lassen Sie es mich und alle Leser in den Kommentaren wissen!


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