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Im letzten Teil der Serie ging es um die schlechten Chancen guter, bahnbrechender Ideen. Heute geht es um gute, innovative Ideen, die problemlos durch den Auswahlprozess kommen. Auch bei diesen ist Vorsicht geboten!

Da ist sie plötzlich, die eine Idee, von der alle Mitglieder Ihres Innovationsworkshops sofort überzeugt sind. Vergessen sind all die Kontroversen zuvor, denn jetzt haben Sie eine visionäre Idee, hinter der alle stehen und die auch Ihre Vorgesetzten nachhaltig beeindrucken wird. Die meisten würden die Ideenfindung als sehr erfolgreich einschätzen, wenn es gelingt, so eine Idee zu finden, die alle gut finden. Ich habe in einem früheren Stolperstein-Beitrag schon dargestellt, warum eine (einzelne) Idee als Grundlage für den Innovationsprozess nicht ideal ist. Aber abgesehen davon sind Ideen, die allen gefallen, generell mit Vorsicht zu genießen.

Wenn eine Idee allen gefällt, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder, die Idee ist tatsächlich gut oder sie ist eigentlich schlecht, sieht aber gut aus. Dass Ideen der letzteren Kategorie keine gute Basis für ein Innovationsprojekt sind, sollte klar sein. Es ist aber unter Umständen gar nicht so einfach, diese Ideen zu entlarven, weil sie eben so gut aussehen und man sich leicht in sie verlieben kann. Das Luftschloss platzt spätestens dann, wenn die Idee verwirklicht wird, aber am Markt überhaupt nicht ankommt. Wie man solche Ideen enttarnt soll Thema der nächsten Stolperstein-Ausgabe sein.

Mit dem Strom schwimmen

Heute geht es um die Ideen, die allen gefallen und die auch tatsächlich gut sind. Die große Gefahr dieser Art von Ideen ist, dass alle sie gut finden. Wenn sich Ihr (hoffentlich) möglichst inhomogen zusammengesetztes Innovationsteam schon einig ist, dann ist es wahrscheinlich, dass auch Ihre Konkurrenten diese Idee entdecken, gut finden und umsetzen. Das Ergebnis Ihres Innovationsprozesses wäre dann wahrscheinlich kein Alleinstellungsmerkmal, sondern wieder Marktstandard. Und selbst, wenn Sie einen kleinen Zeitvorsprung haben, lösen Sie damit allenfalls einen Trend aus. Die Gefahr ist groß, dass im Angesicht Ihres Erfolges ein anderer Marktteilnehmer, der ausreichend Zeit hatte, Ihre Strategie und Ihre Ergebnisse zu analysieren, am Ende zu einer besseren Realisierung der Idee kommt und Sie wieder in die Defensive geraten.

Natürlich dürfen Sie diese Ideen nicht vernachlässigen. Nur, weil Ihre Wettbewerber in die gleiche Richtung denken, heißt das ja nicht, dass Sie mit der Idee nicht die Bedürfnisse Ihrer Kunden besser bedienen können. Wenn Sie die gute Idee verwerfen, weil Sie Ihnen kein Alleinstellungsmerkmal sichert, verlieren Sie diese Kunden. Sie sollten sich aber von Anfang an im Klaren sein, dass Sie mit dieser Idee höchstwahrscheinlich nicht alleine auf der Welt sind und Ihren Entwicklungsprozess sowie Ihr Marketing darauf ausrichten.

Fünf Strategien, um mit Trend-Ideen erfolgreich zu sein

Schnelligkeit

Wenn Sie absehen können, dass andere Marktteilnehmer in die selbe Richtung entwickeln, ist Schnelligkeit eine mögliche Strategie, um sich einen Vorteil zu sichern. Wenn Sie als erster mit der Idee auf den Markt gehen und die Idee tatsächlich ein großes Kundenbedürfnis bedient, dann kommen die Kunden deswegen zu Ihnen. Das betrifft insbesondere die Early Adopter, die nicht warten wollen, bis ihr Stamm-Anbieter auch diese Idee umsetzt. Wenn es Ihnen gelingt, diese Kunden sehr gut zufrieden zu stellen, werden sie nicht nur treu bleiben, sondern auch über ihre positive Erfahrung berichten und weitere Kunden damit anlocken. Es kommt natürlich darauf an, dass unter der Schnelligkeit nicht die Gründlichkeit leidet, denn wenn Ihr neues Produkt gravierende Schwächen aufweist, sind die Kunden genau so schnell wieder weg, wenn der nächste Wettbewerber die Idee besser umsetzt.

Abwarten

Auch mit der gegenteiligen Strategie können Sie erfolgreich sein. Lassen Sie Ihren Wettbewerbern den Vortritt und lernen Sie aus deren Fehlern. Nehmen Sie sich die Zeit, sicherzustellen, dass Ihr Produkt den größtmöglichen Kundennutzen bietet und insbesondere Kritik an den schneller entwickelten Produkten Ihrer Wettbewerber berücksichtigt wird. Die Geschichte ist voll von Beispielen innovativer Pioniere, die von langsamer, aber effektiver agierenden Wettbewerbern überholt oder gar ganz aus dem Markt gedrängt wurden. Bei dieser Strategie müssen Sie sicherstellen, dass Ihr Angebot tatsächlich als das bessere wahrgenommen wird. Sonst werden die Kunden dem schnelleren Konkurrenten schon aus Trägheit treu bleiben. Warten Sie auch nicht zu lange, sonst ist der Trend vielleicht schon wieder am Abflauen, der Reiz der Idee verflogen. Wenn Sie den richtigen Zeitpunkt verpasst haben, lohnt es sich vielleicht, noch ein bisschen länger zu warten. Oft ist es so, dass nach dem ersten Hype um einen neuen Trend nach einiger Zeit ein Wiederaufleben folgt. Beobachten und entwickeln Sie also weiter, wenn Sie sich sicher sind, auch nach dem Hype einen Kundennutzen mit Ihrer Idee bieten zu können.

Schutzrechte

Wenn Sie sicher gehen wollen, dass nicht jemand anders mit Ihren Ideen das Geschäft macht, was Sie sich erhofft hatten, müssen Sie Ihre Ideen schützen. Dazu gibt es Werkzeuge wie Patente, Gebrauchsmuster oder den Designschutz. Gerade in Kombination mit Schnelligkeit können Sie sich auf diese Weise vielleicht einen Vorteil sichern. Wer nach Ihnen die selbe Idee umsetzen möchte, muss sie entweder hinreichend abändern oder sich mit Ihnen über die Nutzung Ihrer Rechte einigen. Eine Garantie für wirtschaftlichen Erfolg sind Schutzrechte allerdings nicht. Nur weil Sie Ihre Version der Trend-Idee geschützt haben, heißt das nicht, dass nicht eine abweichende Version, die nicht vom Schutzrecht abgedeckt ist, die Bedürfnisse der Kunden besser trifft und damit Ihrem Wettbewerber den wirtschaftlichen Erfolg beschert. Es ist auch anzumerken, dass ein Schutzrecht nicht in jedem Fall den Ideen-Klau verhindert. Der dann anstehende Rechtsstreit kann die Kosten-Nutzen-Kalkulation schnell ins Wanken bringen.

Premium

Wenn alle die gleiche Idee umsetzen, ist es wichtig, sich abzuheben. Eine Möglichkeit dazu ist, gezielt kleinere Nischen in Ihrem Zielmarkt anzusprechen. Eine profitable Nische ist die der finanzkräftigsten Kunden. Setzen Sie die Idee in einer Art und Weise um, die diese Kunden anspricht und verlangen Sie einen Preis dafür, den sich auch nur diese Kunden leisten wollen. Eine gute Kalkulation vorausgesetzt, können Sie mit dieser Strategie deutlich höhere Gewinnmargen erreichen und damit die geringere Stückzahl mehr als wettmachen. Die Premium-Kunden sind allerdings auch anspruchsvoll, nicht nur was das Produkt angeht, sondern auch Ihren Ruf als Hersteller.

Qualität

Insbesondere in Kombination mit der Strategie „Abwarten“ können Sie ein Produkt auf den Markt bringen, was sich von Ihren Wettbewerbern vor allem durch Zuverlässigkeit und ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis abhebt. Lernen Sie aus den Mängeln, über die sich die Kunden Ihrer Wettbewerber beschweren. Verwenden Sie bessere Materialien, durchdachte und gründlich getestete Software, eine intuitive Benutzerschnittstelle und sorgen Sie für eine längere Lebensdauer des Produkts. Wahrscheinlich sind dann die Kunden durchaus bereit, einen etwas höheren Preis zu bezahlen, weil Sie Ihrem Produkt mehr vertrauen. Qualität kann und sollte sich auch im Kundenservice und im Umgang mit Reklamationen widerspiegeln. Wenn Ihre Kunden wissen, dass Sie im Falle eines Problems bei Ihnen unkompliziert kompetente Hilfe bekommen, ist das ein gewichtiges Argument für Ihr Produkt, selbst wenn es sich in anderen Punkten kaum vom Wettbewerb abhebt.

Gegen den Strom?

Wenn Sie die Trend-Falle vermeiden wollen, kommen Sie nicht umhin, gegen den Strom zu schwimmen. Sie müssen Ideen finden, die wahrscheinlich nicht gleich auf den ersten Blick Begeisterung bei Ihren Kollegen hervorrufen, Ihnen gerade dadurch aber einen echten Vorsprung gegenüber dem Markt sichern können. Sie werden interne Kontroversen aushalten müssen, Sie werden die Idee verteidigen müssen und Sie wissen wahrscheinlich erst im Nachhinein, ob Sie mit Ihrer Einschätzung Recht behalten, dass diese ungewöhnliche Idee nicht nur besser ist, als sie zunächst aussah, sondern auch wirtschaftlich erfolgreicher wird als das Schwimmen mit den anderen toten Fischen im Trend-Strom.

Graham Horton, Professor für Simulation an der Uni Magdeburg und Mitgründer der Ideenfabrik Zephram GbR, hat in einem aktuellen Blog-Beitrag ein 4T-Modell zur Bewertung von Ideen vorgestellt. Dabei wird kategorisiert, wie gut eine Idee wirkt und wie gut sie wirklich ist. Die Kategorie „Trend“ findet sich dort auch wieder. Die Ideen, die zwar zunächst nicht so gut aussehen, in Wirklichkeit aber gut sind, bezeichnet er als „Treasure“ – Schatz. Wenn es Ihnen gelingt, so einen Schatz zu finden, werden Sie damit in den meisten Fällen mehr Erfolg haben, als mit dem Verfolgen eines Trends, den alle in Ihrer Branche mitmachen.

Die Ideen, die zwar gut aussehen, aber in Wirklichkeit nicht so gut sind, nennt Horton „Temptation“ – Versuchung. Doch davon mehr im nächsten Stolperstein …

PS: Das vierte „T“ für Ideen, die sowohl schlecht aussehen, als auch schlecht sind, steht für „Trash“ – Müll. Dazu muss ich keinen gesonderten Beitrag schreiben, oder?


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